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Joe Heydecker (1916–1997)
2. Weltkrieg - Frankreichfeldzug
Deutschland in der Zeit des Nationalsozialismus
Fotografie nach 1945
Warschau 1941/1944
Warschauer Ghetto 1941
1943: Lemberg (heute Lwiw) unter deutscher Besatzung
1941: Angriffskrieg gegen die Sowjetunion
Biografie, Ausstellungen und Publikationen
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Biografie Joe Heydecker
1916
Am 13. Februar wird Joe Julius Isaak Philipp Heydecker in Nürnberg geboren. Die Eltern Julius und Marianne sind Schauspieler und Geschäftsleute mit bürgerlich-liberaler Gesinnung.1922–1930
Besuch der Volksschule und Landwirtschaftsschule, Schulabschluss an der Volksschule. Anschließend ein halbes Jahr Fortbildungsschule mit Grafikabteilung. Gegen Ende der Schulzeit beginnt Heydecker, Kurzgeschichten zu schreiben.1931–1933
Ausbildung zum Fotografen bei Stefan Rosenbauer in Frankfurt am Main1933
Im Lipsia Verlag erscheint sein erstes Buch Coup – Roman eines Revuestars unter dem Pseudonym Joe Heydecker.Im Juli Emigration in die Schweiz, nachdem seine Eltern ebenfalls ausgewandert waren
In Luzern Arbeit als Journalist, u. a. für das Luzerner Tagblatt. Heydecker fängt hier an, sich mit Esperanto zu beschäftigen. Jahrzehnte später entsteht daraus der Entwurf einer eigenen Plansprache.
Im Herbst zieht Heydecker zu seinen Eltern nach Prag, Arbeit im Familienunternehmen als Filmvorführer und Händler in der Tschechoslowakei und Polen, aber auch Schweiz, Italien, Jugoslawien und Ungarn. In Schweizer und deutschen Zeitschriften erscheinen weiterhin seine Kurzgeschichten und Reiseschilderungen.
1938–1940
Umzug nach Wien, Arbeit im Fotostudio Albin Kobé. Sein Ziel ist es jedoch, von seiner schriftstellerischen Tätigkeit leben zu können.Nach dem Anschluss Österreichs wird Heydecker von den deutschen Behörden gemustert und am ersten Kriegstag 1939 einberufen. Als Pionier nimmt er am Frankreichfeldzug teil, den Alltag der Soldaten hält er fotografisch fest.
1941
Hochzeit mit der Journalistin Marianne Steber in München. Heydecker wird als Foto-Laborant einer Propagandakompanie in Warschau eingesetzt. Dort fotografiert er heimlich im Warschauer Ghetto. Er entwickelt die Fotos im Geheimen, veröffentlicht werden sie erst 1981.Anschließend Teilnahme am Feldzug gegen die Sowjetunion. Aufnahmen dokumentieren u. a. die zerstörte Synagoge in Lemberg/Lwiw, verwundete Kriegsgefangene in Weißrussland und Eindrücke aus Minsk und Smolensk.
1944
In die Panzerjägerabteilung 337 beordert. Heydecker fotografiert die menschenleeren Ruinen von Warschau.1945–1946
Berichterstatter beim Nürnberger Prozess. Im Radio Munich berichtet er erstmals von dem, was er im Ghetto gesehen hat.Ab 1947
Arbeit als Korrespondent verschiedener deutscher Blätter, darunter des Berliner Kurier, und Reporter der Münchener Abendzeitung.1947 gründet der Fotograf die „Weltstaat-Liga“.
1950
Scheidung von Marianne Heydecker1954
Heirat mit Charlotte Angermeir. Heydecker wird Textredakteur der Münchener Illustrierten.1955
Stellvertretender Chefredakteur der Deutschen Illustrierten in Stuttgart1956
Geburt der Tochter Tita1958
Publikation Der Nürnberger Prozeß. Das Buch wird in den folgenden Jahren in sieben Sprachen übersetzt, in Deutschland erscheinen über Jahrzehnte hinweg Neuausgaben.1960
Emigration nach Brasilien, Gründung des „Fotostudio 61“ in Sao Paulo zusammen mit seiner Frau Charlotte. Seine Reportagen aus ganz Südamerika erscheinen bis in die 70er Jahre hinein in ZEIT, Quick und Stern. Seine Texte bebildert er häufig mit eigenen Fotografien.1967
Geburt der Tochter Majú1969
Joe und Charlotte Heydecker gründen Versandbuchhandlung und Verlag „Atlantis Livros“. Bis 1978 gibt er wöchentlich eine brasilianische Bibliografie unter dem Titel Livros Novos für ausländische Universitäten heraus.1982
Trennung von Charlotte Heydecker1983
Publikation Das Warschauer Getto. Auch dieses Buch erscheint in mehreren Sprachen und Neuauflagen. Ausstellung Im Krieg gesehen im Münchner Stadtmuseum1985
Verkauf der Firma Atlantis Livros1986
Rückkehr nach Wien mit seiner Lebensgefährtin Mara Kraus. Heydecker reist, schreibt und fotografiert weiterhin.1997
Am 17. März stirbt Joe Heydecker in Wien. -
Ausstellungen Joe Heydecker (Auswahl)
Einzelausstellungen
2019 – „Warschau im Zweiten Weltkrieg. Foto-Ausstellung Joe Heydecker“, Waldkirchen a. d. Taya, Kulturbrücke Fratres, Gutshof Fratres (05.2019)
1984 – „Joe J. Heydecker. Fotos aus dem Warschauer Ghetto. Aus dem Fototagebuch des deutschen Soldaten“, Berlin, Haus am Lützowplatz (24.02.–18.03.1984)
1983/84 – „Im Krieg gesehen – Das Photobuch eines deutschen Soldaten“, Münchner Stadtmuseum (04.11.1983–12.02.1984)
Gruppenausstellungen
2014 – „Auf beiden Seiten der Barrikade. Fotografie und Kriegsberichterstattung im Warschauer Aufstand 1944“, Landeszentrale für politische Bildung in Hamburg in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsbereich Public History der Universität Hamburg, dem Museum des Warschauer Aufstands in Warschau sowie dem Verlag Leica Fotografie International, ab 01.10.2014 an verschiedenen Orten in Deutschland
2008–2014 – „Im Objektiv des Feindes. Die deutschen Bildberichterstatter im besetzten Warschau 1939–1945“. Wanderausstellung, zuerst gezeigt in Warschau, Haus der Begegnungen mit der Geschichte (DSH) (04.09.–02.11.2008), weitere Stationen u. a. Berlin, Koblenz, Marburg, Dresden, Frankfurt (Oder), Berchtesgaden, Bern, Prora, Nürnberg. Die Bildauswahl basiert überwiegend auf dem Bildbestand der bpk.
2008 – „Streetlife - Reportagefotografien 1930–1975“, Fotomuseum im Münchner Stadtmuseum (30.04.–03.08.2008)
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Publikationen Joe Heydecker (Auswahl)
Primärliteratur
Ein Mann mit Eigenschaften. Joe J. Heydeckers autobiografische Aufzeichnungen. Hrsg. von Mara Kraus, Weitra, Bibliothek der Provinz, 2019.
Heydecker, Joe J., Leeb Johannes: Der Nürnberger Prozess. Vorwort von Eugen Kogon und Robert W. M. Kemper, Überarbeitete Neuausgabe zum 70. Jahrestag, Köln, Kiepenheuer & Witsch, 2015.
Heydecker, Joe: Das Hitler-Bild. Die Erinnerungen des Fotografen Heinrich Hoffmann. Aufgezeichnet und aus dem Nachlass von Joe J. Heydecker, St. Pölten, Residenz, 2008.
Heydecker, Joe J.: Achtung Leute! Wie Designer ihre Artgenossen sehen. Mit einem Vorwort von Michael Freund, o. O., Mara Kraus Verlag, 1994.
Heydecker, Joe J.: Die Stille der Steine. Warschau im November 1944. Hrsg. von Iwonna Trenkner, Berlin, Dirk Nishen, 1994.
Heydecker, Joe J.: Mein Krieg. 6 Jahre in Hitlers Wehrmacht. Bericht eines Zeitzeugen. Wien, 1993.
Heydecker, Joe J.: Die Schwestern der Venus. Die Frau in Mythen und Religionen. München, Nymphenburger, 1991.
Heydecker, Joe J.: Der Große Krieg 1914–1918. Von Sarajewo Bis Versailles. Frankfurt am Main/Berlin, Ullstein, 1988.
Heydecker, Joe: Das Warschauer Getto. Foto-Dokumente eines deutschen Soldaten aus dem Jahr 1941. Vorwort von Heinrich Böll, München, Deutscher Taschenbuch Verlag, 1983.
Heydecker, Joe: Where is Thy Brother Abel? Wo ist dein Bruder Abel? Onde está Abel, teu irmão? Photo-Dokumente aus dem Warschauer Getto. Sao Paulo, Atlantis Livros, 1981.Heydecker, Joe J. / Leeb, Johannes: Der Nürnberger Prozeß. Neue Dokumente, Erkenntnisse und Analysen. Mit 130 dokumentarischen Fotos im Text, einer ausführlichen Zeittafel und einer umfassenden Bibliographie, Köln, Kiepenheuer & Witsch, 1979.
Heydecker, Joe / Leeb, Johannes: Der Nürnberger Prozeß. Bilanz der Tausend Jahre. Köln, Kiepenheuer & Witsch, 1958.
Ausstellungskataloge
Im Objektiv des Feindes. Die deutschen Bildberichterstatter im besetzten Warschau (1939–1945). Hrsg. von Danuta Jackiewicz und Eugeniusz Cezary Król, Ausst.-Kat. zur Wanderausstellung, Warschau, Rytm/Haus der Begegnungen mit der Geschichte, 2009.
Albert, Ditmar / Heydecker, Joe J.: Im Krieg gesehen. Ausst.-Kat. Münchner Stadtmuseum, München, 1988.
Sekundärliteratur
Decormeille, Benoit: Das Warschauer Ghetto in der Fotografie. Analyse einer Aufnahme des Soldaten Joe Heydecker. München, GRIN, 2016.
Arani, Miriam Y.: Aus den Augen, aus dem Sinn? Publizierte Fotografien aus dem besetzten Warschau 1939 bis 1945, Teil 1. In: Fotogeschichte Nr. 65, 1997, S. 33–58.